Das Ende der Streitkultur im Bau? Der Anfang partnerschaftlicher Zusammenarbeit
Katherine Van Adzin
Können Sie sich bitte zuerst kurz vorstellen?
Güney Kaya
Ich bin der Geschäftsführer von der KCM Consulting & Management GmbH. Wir machen Bau- und Projektleitung in kleinen Projekten, auch Projektentwicklung, wo es eben Spaß macht und wo wir Lust zu haben. Und Bau- und Projektleitung für Großprojekte. Da haben wir beispielsweise momentan Projekte in Frankfurt, in der Kennedyallee gegenüber von der Villa Kennedy. Dabei tauchen wie immer die üblichen Besonderheiten des Bauens auf, die Unikatsherstellung.
Katherine Van Adzin
Aus Ihrer Sicht, was kann während des Bauablaufs verbessert werden?
Güney Kaya
Gut, also neben den ganzen klassischen Problemen, die einfach gelöst werden müssen während des Bauens, gibt es, was ich vermehrt feststelle, einfach viele zwischenmenschliche Probleme oder gar nicht zwischenmenschliche, sondern zwischenparteiliche Probleme zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Dahingehend sollte man einfach versuchen, partnerschaftlicher zusammenzuarbeiten und auch das Projektziel im Auge zu behalten. Klar, jedes Unternehmen hat sein eigenes Ziel, irgendwie Profit einzufahren. Das ist total legitim. Der Bauherr baut, damit er irgendwie nachher was Schönes generiert, was ihm auch was bringt. Das Unternehmen baut, damit es seine Mitarbeiter bezahlen kann und eben auch Geld verdient. Das sollte aber meiner Meinung nach immer partnerschaftlich funktionieren.
Jetzt sind wir alle eine relativ junge Generation, die auch ein bisschen anders aufgewachsen ist und sozialisiert wurde, und da ist das partnerschaftliche Zusammenarbeiten meiner Meinung nach sehr, sehr wichtig. Partnerschaftlich, das verstehen vielleicht manche nicht richtig. Die alten Hasen, sage ich mal, die sehen das vielleicht als Schwäche, kann man ganz offen und ehrlich, glaube ich sagen. Es muss keine Schwäche sein. Man kann ehrlich und fair miteinander arbeiten - das ist für mich partnerschaftlich - und trotzdem klare Regeln aufzeigen. Man muss die Leute oder die Auftragsnehmer und Auftraggeber eben immer auch ein bisschen vertraglich mit fixieren.
Wenn ich einfach die klassischen Verträge wie zuvor verwende nach VOB und „Das passiert, wenn du das nicht machst“ und „Du bekommst, wenn du das machst“, dann haben wir wieder den klassischen Bauablauf. Irgendein Verzug entsteht. Es wird sofort eine Behinderung geschrieben und es wird keine Lösung gesucht. Es wird alles formal abgehalten.
Da gibt es ja Vertragsmodelle wie den GMP-Vertrag, den garantierten Maximalpreisvertrag. Das ist so ein Tool, was man machen kann und ganz klar über Kosten reden. Open-Book-Verfahren. Das sind so Sachen die auch, glaube ich, vermehrt genutzt werden in Deutschland, weil einfach diese Streitkultur sehr anstrengend ist. Das möchte nicht jeder. Klar können wir die. Ich habe auch im Ingenieurbüro gearbeitet, wo das ganz klassisch war. Da kommen Behinderungsanzeigen, weise sie sofort zurück und setze sie dreimal mehr in Verzug. Ob das am Ende des Tages der beste Weg ist… Die Projekte wurden auch fertig tatsächlich, aber einfach mit viel Stress und klar nehmen die Leute das dann auch mal persönlich in der Baubesprechungen.
Man kann das Ganze auch schön angehen und so gestalten, dass sie gerne auf die Baustelle gehen. Es gibt immer mal Streit, das ist gar keine Frage. Aber man muss diesbezüglich einfach die Vertragsgestaltung von Anfang an eben auch so ein bisschen lastplannermäßig überwachen und einen Projektleiter mit reinnehmen und sagen: „Hey, was deinen Anteil and der Ausführung betrifft, was würdest du denn in den Vertrag mit reinpacken? Was ist denn für dich wichtig?“ Und das fehlt mir so ein bisschen. Dahingehend müsste man einfach mehr machen und dann haben wir schon wahrscheinlich viel erreicht.
Katherine Van Adzin
Was sind Ihre Prognosen für Innovationen in der europäischen Baubranche?
Güney Kaya
Ich denke, dass die europäische Baubranche in der nächsten Zeit einfach schlankere Systeme fahren wird und dass die Bauunternehmen auch vermehrt jetzt Digitalisierung bevorzugen. Da braucht man gute Prozesse, um die einzuführen. Die großen Player, die können das gut. Auch mittlerweile die relativ kleinen. Ich sage mal, ein Tausend-Mann-Rohbauunternehmen hat das auch ganz gut im Griff, weil es einfach anders nicht mehr wirtschaftlich abbildbar ist.
Was ich mir wünschen würde, ist, dass die EU vielleicht auch mehr auf diese Unternehmen zugeht und Förderungen einbringt, die Anreize schafft und dann auch den Unternehmen die Mittel gibt nach dem Motto: „Hey, ihr wollt dieses Tool einführen? Ihr kriegt da Unterstützung von der BAFA. Ihr holt euch einen Kredit und kriegt 3.000 € pauschal.“ Und das gibt es: „Ihr holt euch die Software und wir unterstützen euch da.“ Da gibt es auch verschiedene Programme. Das ist beispielsweise für Ingenieurbüros relativ schwer möglich zu holen. Das ist immer an viele Must-haves gekoppelt. Und ansonsten denke ich einfach, dass das Ganze wirklich tatsächlich mehr in die Digitalisierung läuft und da haben die in der EU auch noch ein bisschen Nachholbedarf.

KCM Consulting & Management GmbH ist ein international tätiges Ingenieurbüro mit Hauptsitz in Deutschland. Verschiedene Projektbüros in Österreich, Großbritannien und ab 2024 auch in Florida machen uns zu einem agilen und breit aufgestellten Partner des Hoch- und Industriebaus. Neben der Bau- und Projektleitung von Großprojekten wie Hochhäusern, Wohnparks, Hotels aber auch Lagerhallen und Kraftwerken begleiten wir verschiedene operative Arbeitsprozesse und optimieren diese insbesondere in der Industrie. Dazu gehört auch das HSE Management was mittlerweile rund ein Viertel unseres Umsatzes ausmacht.